Von Datenräumen und Innovation: So transformiert die Data Economy die Geschäftswelt 

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Von Datenräumen und Innovation: So transformiert die Data Economy die Geschäftswelt 

In der Data Economy spielen Daten eine zentrale Rolle in wirtschaftlichen Prozessen und Geschäftsstrategien. Unternehmen und Gesellschaften, die in der Lage sind, diese Daten effektiv zu nutzen, können Innovationen vorantreiben, Effizienz steigern und neue Märkte erschließen. Wie Unternehmen davon profitieren und welche Datenräume es bereits gibt, erläutern Marcus Rieks und Dr. Johannes H. Bondzio von Materna im Interview. 

Dr. Johannes H. Bondzio, Leiter Competence Center Data Economy, Materna „Daten sind heute ein zentraler Bestandteil der Geschäftsstrategie, treiben Innovation, Effizienz und Wettbewerbsvorteile in einer digitalisierten Welt voran.“ Dr. Johannes H. Bondzio, Leiter Competence Center Data Economy, Materna 

In der Data Economy spielen Daten eine zentrale Rolle in wirtschaftlichen Prozessen und Geschäftsstrategien. Unternehmen und Gesellschaften, die in der Lage sind, diese Daten effektiv zu nutzen, können Innovationen vorantreiben, Effizienz steigern und neue Märkte erschließen. Wie Unternehmen davon profitieren und welche Datenräume es bereits gibt, erläutern Marcus Rieks und Dr. Johannes H. Bondzio von Materna im Interview. 

Beim diesjährigen Digital-Gipfel ging es erneut auch um die Umsetzung der Datenstrategie der Bundesregierung. Um dem Thema Nachdruck zu verleihen, wurde der „Data Hub Europe“ vorgestellt. Auf der Plattform sollen Unternehmen, Behörden und Organisationen Daten bereitstellen, aufbereiten und handeln können. In anderen Ländern ist der lukrative Handel mit Daten bereits deutlich ausgeprägter. In China gibt es beispielsweise zahlreiche Datenbörsen, eine der bekanntesten ist die Shanghai Data Exchange. 

Was versteht man unter der Data Economy und warum wird sie als so bedeutend für die Zukunft von Unternehmen angesehen? 

Marcus Rieks "Mittlerweile gibt es technische Möglichkeiten, auch große Datenbestände effizient zu verarbeiten, auszuwerten und zu analysieren." Marcus Rieks ist Senior Vice President Software Factory bei Materna

Marcus Rieks: In der Vergangenheit haben Unternehmen ihre eigenen Daten oftmals nicht weiterverwendet. Mittlerweile gibt es technische Möglichkeiten, auch große Datenbestände effizient zu verarbeiten, auszuwerten und zu analysieren. Es ist im Unternehmensinteresse, mehr über Kunden und die Nutzung der eigenen Produkte zu erfahren, vorhandene Datenbestände zu durchforsten oder zu monetarisieren. Ein Beispiel dafür ist die Automobilindustrie. Hier werden z. B. Flussdaten auf Straßen monetarisiert. Mittlerweile ist auch in Deutschland ein Geschäft daraus geworden, mit Daten zu handeln, sie mit Partnern zu tauschen oder sinnvolle Schlussfolgerungen für das eigene Geschäft daraus zu ziehen kann. 

Dr. Johannes H. Bondzio: Weitere Vorteile sind das Treffen von datenbasierten Entscheidungen und die frühzeitige Erkennung von Markttrends. Es können sogar völlig neue Geschäftsmodelle entstehen. Die Data Economy gilt als Schlüssel zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. 

Welche Aspekte werden im Rahmen der Data Economy betrachtet bzw. berücksichtigt? 

Dr. Johannes H. Bondzio: Das Wichtigste in der Datenökonomie sind die Daten. Welche gibt es, wie verfügbar sind sie und welche Qualität haben sie? Die Datenökonomie arbeitet mit sogenannten Datenprodukten. Hierbei wird eine gewisse Algorithmik auf Daten angewendet, um sie qualitätsgesichert zur Verfügung zu stellen, beispielsweise in Datenräumen. Bei der Bereitstellung von Daten wird der nächste Aspekt relevant: Data Management und Data Governance. Hierbei geht es um rechtlich-ethische Grundlagen, Sicherheitsaspekte und Datenschutzregeln für den Austausch von Daten und den Abbau von Datensilos. Datenräume sind deswegen so interessant, weil sie dafür sorgen, dass Daten kombinierbar sind und dadurch wertvolle und wertschöpfende Informationen entstehen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Datenanalyse, um aus den reinen Daten die Informationen zu erhalten, die wertschöpfend sind. Heute erfolgt das in der Regel mit KI-Mechanismen. Machine Learning kann beispielsweise Sprachmuster erkennen. Generative KI repliziert diese und kann damit ganz neuen Content generieren. Schließlich geht es um die Monetarisierung der Daten. Monetarisierung bedeutet Wertschöpfung. Wertschöpfung kann darin liegen, dass Prozesse effizienter werden, Mitarbeitende einen schnelleren Zugang zu Informationen haben und ihre Arbeit effizienter erledigen können. Es gibt dadurch viele Schnittstellen zu Themen wie Security, Software-Entwicklung und Enterprise Architecture Management und damit bekommt die Data Economy eine zentrale Rolle im Unternehmen. 

Welche Arten von Daten sind für Unternehmen besonders wertvoll und wie unterscheiden sie sich in ihrer Nutzung? 

Marcus Rieks: Es hängt stark vom Geschäftsmodell ab, welche Daten wertvoll sind. Dazu gehören beispielsweise Kundendaten, Betriebsdaten, Marktdaten, Finanzdaten, Produktionsdaten, Geodaten, Verhaltensdaten sowie Sensor- und IoT-Daten. Unterschiedliche Datenarten bieten verschiedene Einblicke und Nutzungsmöglichkeiten. 

Schauen wir uns etwa das Beispiel „Betrieb von Lkw-Flotten“ bei einem Automobilhersteller an. Dort ist das Wichtigste, dass die Fahrzeuge nicht unvermittelt unterwegs ausfallen. Mithilfe von Predictive Maintenance-Lösungen werden Sensordaten aus den Onboard Units ausgelesen, analysiert, ausgewertet und Anomalien erkannt, sodass Rückschlüsse auf den Zustand der Fahrzeuge möglich sind. Bei einem anderen Kunden geht es um die Einhaltung von Hygienestandards bei Großküchengeräten. Hier geht es darum zu wissen, ob genügend Reinigungsmittel verwendet wurde und die Spülgänge nicht abgebrochen wurden. Bei solchen Kunden geht es oft um die Intensität der Nutzung, den Betriebsmodi, und das Nutzungsverhalten der Produkte, um daraus Rückschlüsse für die nächsten Produktgenerationen zu ziehen und diese zu optimieren oder Varianten des Produktes für verschiedene Nutzergruppen anzubieten. Um welche Art von Daten es geht, ist also enorm vielfältig. 

Was genau ist unter einem Datenraum zu verstehen? Welche Beispiele gibt es und wie profitieren Unternehmen davon? 

Dr. Johannes H. Bondzio: Ein Datenraum ist eine digitale Plattform, auf der beteiligte Unternehmen Daten im Verbund effizienter austauschen und gemeinsam nutzen können, um daraus Vorteile zu generieren. Ein Datenraum gewährleistet Datenschutz und Datensicherheit. Das bekannteste Beispiel ist Gaia-X, die europäische Initiative für sichere, souveräne Datenaustauschplattformen. Ein weiteres Beispiel ist das Catena-X-Datenökosystem im Umfeld der Automobilindustrie. Hier tauschen insbesondere die Zulieferer Daten aus. Mithilfe eines Datenraums lassen sich datengetriebene Geschäftsmodelle und Innovationen schneller umsetzen, da mehr Daten für Analysezwecke verfügbar sind und sich so z. B. auch identifizieren lässt, wo Potenziale und auch Einsparpotenziale liegen.  

Welche Rolle übernimmt Materna? 

Marcus Rieks: Wir sind als Dienstleister in der gesamten Wertschöpfungskette vertreten. Unsere Wertschöpfungskette beginnt in der Datenstrategieberatung, reicht vom Sammeln der Daten über die Verarbeitung bis hin zur Auswertung mit KI-Mitteln. Wir können Sensoren mit allen gängigen IoT-Protokollen auslesen, Daten weiterleiten, aggregieren, auswerten, mittels KI-Mitteln relevante Muster in großen Datenmengen erkennen und wir helfen unseren Kunden, aus den Daten die für sie sinnvollen Schlussfolgerungen zu ziehen. 

Data Economy

Dr. Johannes H. Bondzio: Ein wichtiger Schwerpunkt für uns ist die Datenstrategieberatung, die wir sogar in unser Software-Entwicklungsvorgehen einbetten. Zusammengefasst definieren wir zunächst die Strategie und Use Cases, verproben dies in einer experimentellen Phase, gehen in die Umsetzung und überführen die Lösung schließlich in den Betrieb. Das ist kein linearer Prozess, sondern wir gehen iterativ vor.  

Die initiale Beratung und die Konzeption der Datenstrategie sind elementare Schritte. Auf diese Weise werden Ideen frühzeitig verprobt und wir können feststellen, was geeignet bzw. eher ungeeignet ist für den jeweiligen Kunden.  

Im Mittelpunkt stehen zunächst die Geschäftsziele des Kunden. Daten und datengetriebene Use Cases, also Anwendungsfälle, die die Business-Prozesse unterstützen, hängen von den Geschäftszielen ab. Manchmal erarbeiten wir diese gemeinsam in Workshops oder sie wurden bereits von unseren Enterprise-Architekten mit dem Kunden vorbereitet. Dann leiten wir daraus ab, welche Use Cases sich aus den Zielen ergeben, welche Pain Points vorhanden sind und welche Use Cases die Pain Points auflösen können. Anhand einer skizzierten Use Case-Landschaft lässt sich schlussfolgern, wie wir die Use Cases umsetzen können. Die Liste der Use Cases wird priorisiert und wir bewerten, ob sie technisch machbar, wirtschaftlich zulässig und aus Nutzersicht gewollt sind. Zudem betrachten wir die zugehörige Datenlandschaft und prüfen, ob wir gegebenenfalls noch Tools erstellen müssen.  

So vorbereitet können wir sehr schnell mit der agilen Umsetzung eines Proof of Concept der ersten Use Cases starten, den wir dann iterativ weiter ausbauen. Die professionelle Change-Kommunikation zur Einführung der neuen Produkte begleiten wir mit unserem Tochterunternehmen Materna TMT. Das ist unser Vorgehen bei der Datenstrategieberatung. 

Wie offen sind Unternehmen, sich mit datengetriebenen Geschäftsmodellen zu beschäftigen? 

Marcus Rieks: Es ist branchenabhängig unterschiedlich. Die Technologiebranche ist sehr offen und auch innovationsfreudig. Auch die Automobilindustrie ist fortgeschritten, vernetzt sich in Datenräumen und tauscht sich in Netzwerken aus. Je weniger ein Unternehmen die Herausforderungen alleine stemmen kann oder alle relevanten Datenquellen eigenständig besitzt, desto eher sind Unternehmen offen für datengetriebene Geschäftsmodelle.  

Die Pharmaunternehmen Pfizer und Roche betreiben beispielsweise datengetriebene Forschung und Entwicklung und können so Arzneimittel schneller und präziser entwickeln und personalisierte Medizin anbieten. Im Einzelhandel sehen wir beispielsweise Anwendungsfälle, wenn es darum geht, Waren auf Filialen zu verteilen und dafür Vorhersagelogiken für das Kundenverhalten aufzustellen. Für solche Szenarien werden einfach sehr viele Daten und die passende Strategie benötigt. Unternehmen wie Walmart und Alibaba sind beispielsweise sehr erfolgreich in der Optimierung von Lieferketten und personalisierten Kundenerlebnissen und nutzen dazu umfassende Datenanalysen. Datengetriebene Geschäftsmodelle sind auf nahezu jede Branche wertschöpfend und wirtschaftlich sinnvoll anwendbar. 

Künstliche Intelligenz (KI) treibt die Data Economy weiter an. Welche Rolle spielt die KI? 

Marcus RieksDie Datenökonomie ist an vielen Stellen die Grundlage, um überhaupt mit KI sinnvoll operieren zu können. Die KI braucht einen Input. Den generieren die Unternehmen aus ihrem operativen Geschäft oder nutzen Daten aus externen Quellen, beispielsweise aus Datenräumen. Dann kann die KI zum Beispiel sinnvolle Schlussfolgerungen ziehen, die von der Qualität der zugrunde liegenden Daten abhängig sind. KI ist in diesem Zusammenhang auch sehr gut geeignet, um Tools zu konzipieren, die noch bessere Datenanalysen zulassen.  

Dr. Johannes H. Bondzio: Die Unternehmen der Zukunft werden die datengetriebenen sein, weil sie effizienter sind als herkömmliche Unternehmen. Wir raten allen Kunden, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen und stehen gerne mit Rat und Tat zur Seite – auch bei der Entwicklung von Strategien für neue Geschäftsmodelle. 

Vielen Dank für das Gespräch!