Onlinezugangsgesetz: Jetzt den Nachbrenner zünden
Wollen Behörden die Umsetzungsfrist des Onlinezugangsgesetzes (OZG) im Jahr 2022 einhalten, müssen sie jetzt richtig Gas geben. Das Gesetz fordert nämlich die Implementierung von durchgängig digitalen Verwaltungsverfahren. Die hierfür notwendige Infrastruktur liefert das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) mit seiner OZG-Plattform, die den Basisdienst Formular-Management-System (FMS) standardmäßig einbindet, sodass eine beschleunigte Umsetzung möglich wird.
Mit der OZG-Plattform die Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen
Bis Ende 2022 müssen die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen ihre Verwaltungsleistungen auch online anbieten – insgesamt geht es um 575 Fachverfahren, die in 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen gebündelt wurden. Welche Verwaltungsleistungen das im Detail sind, ist im OZG-Umsetzungskatalog nachzulesen.
Das Besondere an diesem Vorhaben: Die aufgeführten Verfahren orientieren sich nicht nur an behördlichen Zuständigkeiten, sondern verstärkt an der Nutzerperspektive von Bürger*innen und Unternehmen. Hintergrund ist, aus Lebens- oder Geschäftslagen heraus Verwaltungsleistungen anzubieten und diese nutzerorientiert zu bündeln. Um eine durchgängig digitale und medienbruchfreie Verfahrensabwicklung zu schaffen, müssen die Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Leistungen bekannt sein und auch organisatorisch gelebt und technisch implementiert werden. Damit ist klar, dass eine OZG-konforme Digitalisierung von Verwaltungsleistungen nicht durch PDF-Formulare allein zu erreichen ist: Neben technischen Systemschnittstellen sind auch Aspekte der Personalplanung, Personal- und Organisationsentwicklung zu berücksichtigen.
Standardbausteine einer digitalen Plattform beschleunigen die Umsetzung
Um eine beschleunigte Umsetzung von OZG-Leistungen zu erreichen, wird eine IT-Infrastruktur benötigt, die es den Behörden erlaubt, Verwaltungsprozesse komplett digital abzubilden und zu betreiben. Das ITZBund als zentraler IT-Dienstleister für die Bundesverwaltung stellt mit der OZG-Plattform eine technische Lösung bereit und unterstützt Behörden dabei, die individuell benötigten Dienste schnell zu implementieren.
Baukasten für innovative Online-Verfahren
Die OZG-Plattform orchestriert zahlreiche Basiskomponenten der Dienstekonsolidierung Bund wie zum Beispiel den Government Site Builder (GSB) zur Gestaltung von Fachportalen, das Formular-Management-System (FMS) im Standard zur Abbildung elektronischer Formulare oder auch die elektronische Akte Bund. Die Basiskomponenten sind sowohl einzeln nutzbar als auch über geeignete Schnittstellen miteinander verbunden. So werden Medienbrüche vermieden und Verwaltungsverfahren lassen sich nutzerfreundlich abwickeln mithilfe von Rückkanälen zu den Antragstellenden. Bestehende Fachportale lassen sich erweitern und neue (Fach)Verfahren können integriert werden.
Die interoperablen Basisdienste der Plattform unterstützen also durchgängige End-to-End-Prozessketten, inklusive einer Integration von Backend-Systemen in den Verwaltungen. Mit diesem Ansatz wird die OZG-Plattform zu einem wichtigen Werkzeug, um Abläufe schneller und durchgängig zu digitalisieren. Somit wird ein reibungsloser Datenfluss von der Eingabe per Formular über die Verarbeitung im Backend bis zur Zusendung von Bescheiden und zur Dokumentation in der elektronische Akte ermöglicht. Letztlich lassen sich dann auch behördenspezifische Internet-Auftritte bzw. Fachportale einbinden.
Den Plattformgedanken leben
Aus technologischer Sicht verschmelzen auf der OZG-Plattform konsolidierte Basisdienste zu einer interoperablen Gesamtlösung. Der GSB übernimmt die Aufgaben eines Portals und schafft beispielsweise einen zentralen Einstiegspunkt für Anwender*innen. Das Nutzerkonto Bund wird als Authentifizierungs- und Kommunikationskomponente verwendet, während die Plattform ePayBL als Zahlungskomponente zum Einsatz kommt. Das im Standard verwendete FMS (basierend auf der Lucom Interaction Platform) wurde zum Zweck einer verbesserten Interaktion mit den Anwender*innen an Chatbots und digitale Bürgerassistenz-Dienste angebunden und verfügt als einziges Formular-Management-System über eine Schnittstelle zu der in der Bundescloud betriebenen E-Akte Bund, dem Kern der Verfahrensdigitalisierung.
Durchgängige Prozessketten schaffen
Die OZG-Verpflichtung erfordert es, Verwaltungsprozesse vom Antrag bis zum Bescheid durchgängig digital aufzusetzen. Daher bedarf es neben den Basisdiensten weiterer Dienste, die elektronische Signaturen, digitale Personalausweisfunktionen und eine Siegelung anbieten. Auch diese wurden in die Plattform des ITZBund integriert.
Eine enge Verzahnung mit Registerverfahren ist notwendig, um den höchsten OZG-Reifegrad zu erzielen, der für etwaige Nachweise das Once Only-Prinzip erfordert. Dieses Prinzip ist auch ein zentraler Aspekt der Modernisierung von Registern. Register einzubinden wird daher ein zukünftig bedeutsamer Schritt hin zu einer nachhaltigen OZG-Umsetzung werden.
Das Gestalten von Rückkanälen zum Informationstransport aus diesen Diensten und Verfahren heraus zum Antragstellenden erfordert eine Interoperabilität, wie sie derzeit nur die OZG-Plattform des ITZBund bietet.
Materna hilft
Die E-Government-Expert*innen von Materna arbeiten gemeinsam mit dem ITZBund an der Realisierung von OZG-Anwendungen und helfen Behörden bei der Digitalisierung. Hierzu wurde gemeinsam ein Vorgehen zur beschleunigten Umsetzung von OZG-Leistungen entwickelt, um die in einer Behörde benötigten Verfahren zeitgleich und mit geringem Aufwand umzusetzen. Sogenannte Digitalisierungsteams bilden den organisatorischen Kern der Umsetzung, die auf die Nutzung der oben beschriebenen Komponenten ausgerichtet ist.
Es wird bei diesem Vorgehen darauf geachtet, die neu zu schaffenden OZG-Dienstleistungen entlang den Ansprüchen einer modernen Benutzererfahrung und transparenter Kommunikation umsetzen. Erfahrungsgemäß werden angebotenen Dienste, die ohne das aus dem Alltagserleben bekannte Nutzungsverhalten auskommen wollen, von den Anwender*innen nur schwer akzeptiert und genutzt. Auch Anforderungen an die Verfügbarkeit können je nach Dienst unterschiedlich hoch ausfallen. Hier können die Berater*innen von Materna durch ihre Erfahrung bei der Realisierung von interaktiven Internet-Projekten sowie von Ende-zu-Ende-Prozessketten dabei helfen, die Behördenabläufe schnell und sicher zu digitalisieren und aus Nutzersicht attraktiv aufzubauen.
Leistungen rund um die OZG-Plattform
Der Umsetzung von OZG-Verfahren auf der Plattform des ITZBund sind Leistungen vor- und nachgelagert, die im Wesentlichen die Kundenansprache sowie den Betrieb und den Unterstützungsbedarf adressieren. Wurden zum Beispiel die Produkttests erfolgreich abgeschlossen, verlässt die umgesetzte OZG-Dienstleistung den Verantwortungsbereich der Plattform und geht in den Betrieb über. Die durch die Digitalisierungsteams erstellten Artefakte wie Formulare, Software-Anpassungen und Dokumentationen werden an die Verantwortlichen des Produktivsystems übergeben. Das Betreiben des Standard-FMS selbst liegt beim ITZBund – externe Dienstleister können hier unterstützen, falls besondere Aspekte der Hochverfügbarkeit oder Skalierung notwendig werden. Der Betrieb der Anwendung umfasst unter anderem das Monitoring, Housekeeping und Überwachen der Systemauslastung, die Wartung sowie die Datensicherung anhand der geltenden Bestimmungen aus dem Datensicherungskonzept.
Zusätzlich werden auch Informationsveranstaltungen angeboten und Begleitmaßnahmen realisiert, denen sich Behörden anschließen können. Ein Starterpaket hilft dabei, den Bundesbehörden den Einstieg in die OZG-Umsetzung zu erleichtern und die Vorteile der Plattform an konkreten Beispielen aus dem eigenen Haus zu erproben.
Auch nach der Umsetzung der OZG-Leistung durch die Digitalisierungsteams und ihrer erfolgreichen Veröffentlichung bzw. Übergabe an den Betrieb kann der Auftraggeber noch weiteren Unterstützungsbedarf anfordern.
Services wie beispielsweise eine Kunden-Hotline werden nicht erbracht.
Blick nach vorne
Das Transformationsprojekt „OZG-Umsetzung“ endet nicht mit Ablauf der gesetzlichen Frist 2022. Vielmehr ist dies ein weiterer Meilenstein hin zu einer zukunftsorientierten Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung. Behörden müssen sich mit Themen wie UX-Design (User Experience) und Barrierefreiheit beschäftigen, aber auch Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) integrieren, um beispielsweise ihren Bürgerservice zu optimieren und standardisierte Aufgaben effizienter und mit weniger Personaleinsatz durchführen zu können.