Arbeiten im digitalen Wandel
Der Corona-Lockdown hat gezeigt, wie schnell digitaler Wandel gehen kann. Innerhalb weniger Wochen wurde das Homeoffice für Millionen Menschen zur neuen Normalität – auch bei Materna. Wie war das möglich? Und was können Unternehmen aus dieser Entwicklung für ihre digitale Transformation insgesamt lernen? Denn soviel ist klar: Homeoffice ist nur der Anfang.
Die Zeit des Zauderns ist vorbei
10 Tipps für die digitale Transformation
Über die digitale Transformation der Arbeitswelt wird schon lange diskutiert, doch spätestens seit dem ersten Corona-Lockdown gehört sie zum „ New Normal “. Das zeigt sich besonders am Boom des Homeoffice. Anwendungen wie Teams, Zoom oder GoToMeeting prägen neuerdings den Alltag von Millionen Menschen – auch bei Materna. „Bei uns hatten Microsoft 365 und BMC Digital Workplace großen Anteil daran, dass die Umstellung von über 1.500 Arbeitsplätzen auf den Homeoffice-Betrieb innerhalb von zwei Tagen vollzogen war“, erklärt Bernd Scherf, Senior Vice President Managed Services & Operations bei Materna. „Das fiel uns leicht, weil wir schon seit Jahren konsequent Prozesse standardisieren und digitalisieren, um manuelle Abläufe in der IT zu reduzieren.“
Kein Wunder also, dass der Wechsel ins Homeoffice so reibungslos klappte? „Für mich überhaupt nicht“, sagt Scherf überzeugt. Zwar waren manche Kolleg*innen erst skeptisch gegenüber dem Homeoffice-Modell. Doch inzwischen sind alle überzeugt von den Vorteilen, wie weniger Fahrzeiten und flexiblerer Zeitplanung. Aufgrund der guten Erfahrungen mit der virtuellen Zusammenarbeit allgemein erwartet Scherf nun einen Schub für die weitergehende digitale Transformation in einzelnen Unternehmensprozessen.
"Die gesamte IT-Wertschöpfung ist im Umbruch"
Insbesondere die agile Entwicklung von Software für innovative Geschäftsmodelle wie Predictive Analytics oder Predictive Maintenance hat der Managed Services-Experte dabei im Blick, aber nicht nur diese: „Die gesamte IT-Wertschöpfung ist im Umbruch“, sagt Scherf, „von der Entwicklung in agilen Teams über die Bereitstellung in Hybrid- und Multicloud-Umgebungen bis hin zur Skalierung auf Tastendruck im laufenden Betrieb und nutzungsbasierter Abrechnung von Services. Für uns als IT-Dienstleister geht es immer darum, diesen Wandel zum Nutzen unserer Kunden zu gestalten.“
Konkret versteht er darunter unter anderem die Fähigkeit, einen neuen VPN-Zugang nicht mehr manuell anzulegen, was 20 Minuten reine Arbeitszeit pro Arbeitsplatz benötigt, sondern ganz automatisch, per Tastendruck und in Echtzeit. Diese und viele andere Verbesserungen am digitalen Arbeitsplatz beruhen auf technologischen Ansätzen wie Cloud, Microservices und Containerisierung. Um sie schneller voranzutreiben, sei neben der IT-Fachkompetenz konsequentes Change-Management gefragt – unter anderem bei der Etablierung des DevOps-Modells.
Verteilte Teams brauchen agile Methoden
Warum DevOps? „Weil agiles Vorgehen die Arbeit im digitalen Wandel am besten unterstützt“, sagt Scherf und erklärt: „Kleine Teams, eine enge Abstimmung zwischen den Beteiligten, eigenverantwortliches Arbeiten und kurze Feedback-Schleifen sind Faktoren, die eine effektive Projektsteuerung und schnelle Ergebnisse fördern – auch wenn die Beteiligten im Homeoffice sitzen.“ Projekte nach der klassischen Wasserfall-Methodik, das zeigt die Erfahrung, lassen sich unter den aktuellen Homeoffice-Bedingungen schwer steuern. Hier besteht die Gefahr, dass bestehende inhaltliche und organisatorische Grenzen sich verfestigen. DevOps-Teams mit Scrum und anderen agilen Methoden hingegen haben sich im Lockdown bewährt. Auf dieser Erfahrung können Unternehmen aufbauen, wenn sie in digitaler und verteilter Zusammenarbeit die Transformation in Unternehmen gestalten.
Wie Sie den digitalen Wandel erfolgreich steuern
„Als schwierigste und zugleich nachhaltigste Veränderung des Arbeitens im digitalen Wandel erleben wir bei Materna die zahlreichen Prozess-Transformationen“, sagt Scherf. Als Beispiele nennt er den beschleunigten Lebenszyklus von Managed Services, die Integration von Ressourcen im eigenen Data Center mit Cloud-Angeboten unterschiedlicher Anbieter oder sichere Storage-Konzepte für Container-basierte Anwendungen.
Um diese und weitere Herausforderungen des digitalen Wandels zu meistern, hat der Materna-Experte gemeinsam mit seinem Team die folgenden zehn Tipps formuliert. Dazu Scherf: „Manche dieser Maßnahmen mögen auf den ersten Blick selbstverständlich wirken. Doch der Projektalltag zeigt: Sie sind es nicht. Die größte Herausforderung des digitalen Arbeitens ist auch im dritten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends die Änderung der vielen, oft unausgesprochenen Regeln und Gewohnheiten, die eine Unternehmenskultur ausmachen.“
DevOps einführen
Die Art und Weise, wie Anwendungen entstehen, hat sich grundlegend gewandelt. Die klassischen Wasserfall-Projekte sind dem hohen Tempo, das der Markt heute fordert, nicht gewachsen. Deshalb setzt Materna intern und in Kundenprojekten immer öfter auf das DevOps-Prinzip, bei dem interdisziplinäre Teams für Entwicklung und Betrieb von Lösungen gemeinsam verantwortlich sind. Damit lässt sich oft schon nach 14 Tagen ein Minimum Viable Product (MVP) präsentieren, anhand dessen die Entscheider beurteilen können, ob es sich lohnt, den Ansatz weiter zu verfolgen.
Möglich macht das unter anderem der Einsatz agiler Projektmethoden wie Scrum. Technologien wie Cloud, Containerisierung, Robotic Process Automation oder Low-Code-Plattformen liefern die Tools, um schneller Ergebnisse zu erzielen. Entscheidend für den Erfolg von DevOps ist jedoch die Bereitschaft aller Beteiligten, auf Gewohnheitsrechte zu verzichten und Aufgaben auch außerhalb des eigenen Spezialgebiets zu übernehmen.
Regeln gemeinsam definieren und durchsetzen
Die enge Zusammenarbeit in kleinen DevOps-Teams von maximal sieben bis neun Personen aus unterschiedlichen Abteilungen liefert vor allem deshalb schnellere Ergebnisse, weil sie direkter kommunizieren und entscheiden können. Dennoch gilt für sie, wie für das Unternehmen insgesamt, so Scherf: „In einem Ökosystem kann man auf Dauer nur effizient zusammenarbeiten, wenn alle die gleichen Prozesse nach den gleichen Regeln ausführen.“ Beispielsweise bei der Zusammenarbeit in Microsoft Teams.
Über die Plattform Digital Workplace von BMC kann jeder Materna-Mitarbeiter von seinem Arbeitsplatz aus einen Teams-Raum beantragen, der automatisch so ausgestattet wird, dass er am Ende den Anforderungen des Unternehmens entspricht. Angaben wie eine aussagekräftige Bezeichnung des Raums, der Name des Verantwortlichen und des Projekts samt Projektnummer sind Pflichtfelder, die beim Anlegen ausgefüllt werden müssen, um einen Raum zu erhalten. „Das schafft nicht nur Klarheit für die IT, sondern erleichtert auch den Projektmitgliedern die Orientierung, denn die meisten von ihnen arbeiten ja in unterschiedlichen Räumen.“
Freiraum geben
Was sich durch die Digitalisierung nicht ändert: Für Sicherheit, Compliance und Verfügbarkeit von Infrastruktur und Anwendungen bleibt die Unternehmens-IT zuständig. Doch um Schatten-IT zu vermeiden sowie Akzeptanz und Motivation zu steigern, sollte sie auch Wahlmöglichkeiten anbieten, wo möglich. Beispielsweise, wenn es um die Frage geht, wann und wo gearbeitet wird. Mütter und Väter arbeiten oft gern im Homeoffice, sind dort aber viel produktiver am Abend, wenn die Kinder im Bett sind. Andere Mitarbeitende schätzen die Möglichkeit, Beruf und Privatleben räumlich zu trennen. Das stellt unterschiedliche Anforderungen an die Ausstattung von Arbeitsplätzen mit Rechnern, Bildschirmen, Druckern etc.
Alle mitnehmen
Es gibt immer Menschen, die mehr Wandel wollen als andere. Veränderung fühlt sich für manche Menschen negativ an. Warum ist das so? Darüber muss man mit den Betroffenen reden – nicht nur mit der Mitarbeitervertretung! Oft ist ein tatsächlicher oder nur eingebildeter Mangel an Kompetenz im Umgang mit den neuen Technologien, Tools und Prozessen der Grund für die Ablehnung des Wandels.
Das gilt für den Umgang mit Kamera und Mikrofon am eigenen Rechner ebenso wie für die Zusammenarbeit mit Software-Robotern oder das Programmieren mit Low-Code. Schulungskonzepte, die auf die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Mitarbeitenden eingehen, helfen beim Abbau von Vorbehalten. Eine wichtige Rolle können dabei Gamification-Ansätze spielen. Bei Materna beispielsweise erfreuen sich Gewinnspiele, bei denen die Mitarbeitenden ihr Digitalisierungs-Know-how testen und erweitern können, großer Beliebtheit.
Balance halten
Das Geheimnis des Erfolges agiler Unternehmen ist die richtige Balance zwischen der Freiheit für die Mitarbeitenden bei der Gestaltung ihrer Arbeitswelt und klaren Vorgaben, um die Effektivität und Effizienz der Lösungen sicherzustellen. Wichtig bei der Umsetzung: Die eine richtige oder falsche Methode gibt es nicht. „Gut ist, was funktioniert. Und wenn ein Ansatz scheitert? Wieder was gelernt! Wichtig ist der Dialog, um Erkenntnisse zu teilen und weiterzuentwickeln“, betont Bernd Scherf.
Sicherheit vereinfachen
An einer Schule in NRW wurde kürzlich für einen zweistelligen Millionenbetrag ein neuer Gebäudeteil erstellt. Prunkstück in Sachen Digitalisierung waren Beamer in jedem Klassenraum, die sich über Bluetooth ansteuern lassen. Eigentlich eine tolle Sache. Nur dass der Zugriff nicht gesichert war, sodass die Schüler*innen während des Unterrichts beliebige Inhalte auf die Beamer streamen konnten.
Was wie eine Episode aus der Komödie „Fack ju Göthe“ mit Elias Mbarek wirkt, war für die betroffenen Lehrer*innen ein echtes Problem – und ist beileibe kein Einzelfall: an vielen Stellen ergeben sich aus den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung Fragestellungen, auf die Anwender*innen nicht oder nur unzureichend vorbereitet sind. Dazu Scherf: „Es gibt längst Lösungen, die dafür sorgen, dass jedes Objekt standardmäßig für jeden gesperrt ist, wenn der oder die nicht über bestimmte Berechtigungen verfügt, etwa in Microsoft Office 365. Wenn damit jemand eine Datei versehentlich an jemanden schickt, der sie nicht öffnen darf, bleibt der Inhalt geschützt.“
Hindernisse nicht weg reden, sondern überwinden
Eine gewachsene Infrastruktur mit zahlreichen Medienbrüchen und Workarounds bildet in den meisten Unternehmen ein Hindernis, das es auf dem Weg zum digitalen Arbeiten zu überwinden gilt. Noch höher allerdings ist die kulturelle Hürde, die dahintersteht. Diese Mischung aus „Das haben wir schon immer so gemacht“ und „keine Experimente“ in Kombination mit „Da warten wir jetzt erst mal ab, ändern nichts und dann sehen wir weiter.“ Hier helfen unter anderem Erfolgsgeschichten von erreichten Verbesserungen, die in Best Practices in Meetings und auf internen Blogs kommuniziert werden.
Persönlich werden
Neue Möglichkeiten bringen neue Herausforderungen mit sich. Auch das hat sich im Homeoffice-Boom des vergangenen Jahres deutlich gezeigt. In einem normalen Firmenbüro erfahren Führungskräfte ganz nebenbei, auf dem Gang oder in der Kaffeeküche, wie es ihren Mitarbeitenden geht. Bei der virtuellen Zusammenarbeit in verteilten Teams müssen diese Informationen auf anderen Wegen eingeholt werden. Zum Beispiel bei einer virtuellen gemeinsamen Mittagspause, zu der die Teamleitung Pizza an alle Beteiligten in ihr jeweiliges Homeoffice liefern lässt. Oder mit ein paar Minuten für den privaten Austausch vor und nach einem Teams-Meeting. Die dafür nötige Zeit wird ja durch den Wegfall von Fahr- und Gehzeiten eingespart.
Disruption durchziehen
Neue Anwendungen und Prozesse einführen ist keine leichte Aufgabe. Noch schwieriger wird sie jedoch oft dadurch, dass bestehende Routinen nicht aufgegeben werden. Zum Beispiel bei der gemeinsamen Arbeit an Dokumenten, wie Scherf berichtet: „Da reicht es, wenn eine Person das Dokument lokal speichert, statt im Projektraum, und schon ist der Vorteil der neuen Arbeitsweise für alle Beteiligten dahin.“ Denn nun müssen alle im Zweifelsfall wieder an unterschiedlichen Orten nachschauen, um sicher zu sein, dass sie an der aktuellsten Version des Dokuments arbeiten. In solchen Fällen müsse die IT dann auch mal Verzeichnisse sperren, die lokale Sicherung von Dokumenten verbieten oder eine veraltete Anwendung zur Verwaltung von internen Ressourcen abschalten.
Jetzt handeln
Nie zuvor traten die Vorteile der Digitalisierung so schnell so deutlich zutage wie 2020. Weniger Fahrzeit, mehr Flexibilität, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, kontaktlose Zusammenarbeit – davon profitieren Unternehmen und Mitarbeitende gleichermaßen. Bernd Scherf jedenfalls ist sicher: „Die Chance für mehr digitalen Wandel ist jetzt so günstig wie nie zuvor!“