IT-Service-Management
Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ist eines der größten IT-Projekte Europas. Die gematik, verantwortlich für den IT-Betrieb der Telematik-Infrastruktur, wählte Materna als ganzheitlichen Partner für die Implementierung einer zentralen ITSM-Plattform zur Optimierung der IT-Service-Prozesse.
Fitness-Kur für die IT-Prozesse der gematik
Eine landesweite Telematik-Infrastruktur (TI) vernetzt heute bereits Praxen, Krankenhäuser, Apotheken und weitere Beteiligte des deutschen Gesundheitssystems schnell und effizient. Wo es sinnvoll ist, werden auch die Patienten auf sichere Weise mit eingebunden. Durch diese Vernetzung der verschiedenen Akteure sollen medizinische Informationen für die Behandlung schneller verfügbar sein und administrative Abläufe kostengünstiger werden. Verantwortlich für diese Infrastruktur im Gesundheitswesen ist die gematik („Gesellschaft für Telematik“) mit Sitz in Berlin. Zu den Gesellschaftern der gematik gehören das Bundesgesundheitsministerium, Verbände der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen sowie Ärzteverbände.
Sicherer Informationsaustausch
Über die TI sind beispielsweise auch alle Teilnehmer aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung vernetzt. Dementsprechend haben Themen wie die IT-Sicherheit sowie höchste Verfügbarkeit einen großen Stellenwert. Daher wurde die TI als geschlossenes Netz konzipiert, zu dem nur registrierte Nutzer*innen (Personen oder Institutionen) mit einem elektronischen Heilberufs- und Praxisausweis Zugang erhalten. Um die medizinischen Daten der Patienten zu schützen, wird auf starke Mechanismen für die IT-Sicherheit gesetzt. Die sichere, verschlüsselte Kommunikation zwischen bekannten Kommunikationspartnern sowie der Schutz vor dem Zugriff auf sensible Informationen sind das Fundament dieser Lösung.
Um viele Akteure in einer komplexen Infrastruktur zu vernetzen, werden professionell aufgesetzte IT-Prozesse benötigt. Ein IT-Service-Management (ITSM) hilft dabei, die Entwicklung, Bereitstellung, Verwaltung und Optimierung von IT-Leistungen zu vereinfachen.
Unabhängige Akteure in einem komplexen System
Die gematik verantwortet den Ausbau der Telematik-Infrastruktur und übernimmt dabei hauptsächlich die Rolle der koordinierenden Instanz im betrieblichen Kontext. Die Implementierung und den Betrieb der Komponenten übernehmen ausgewählte Partner. Bei der Realisierung eines übergreifenden ITSM suchte die gematik nach einer passenden Lösung sowie einem erfahrenen IT-Dienstleister.
Die größte Herausforderung bestand darin, dass die Infrastruktur viele unabhängige Akteure verbindet, ohne einen zentralen Helpdesk zu betreiben. Die einzelnen Teilnehmer helfen sich untereinander bei IT-Problemen und neuen Anforderungen weitgehend selbst. Um ein übergreifendes ITSM zu realisieren, sind jedoch zahlreiche Detailinformationen über Netze, Server, Prozesse und weitere Komponenten notwendig. Viele dieser Details und Prozesse sind normalerweise über einen zentralen Helpdesk oder eine Service-Plattform für die Steuerung der IT-Service- und Support-Abläufe verfügbar.
Da dies jedoch nicht der Fall war, mussten alle benötigten Informationen aus der gesamten Infrastruktur ermittelt, aufbereitet und strukturiert werden. Dabei spielte nicht nur der fehlende zentrale Helpdesk eine Rolle, sondern auch die hohen Anforderungen an Datensicherheit und Datenschutz. Um die Drittanbieter voneinander zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen abzuschirmen, musste ein individuelles Konzept für die ITSM-Plattform entwickelt werden. Hier war ein Partner gefragt, der nicht nur Software implementieren, sondern auch ganzheitliche Beratung und Betreuung anbieten konnte – und von der Installation der Lösung über die Prozessberatung und Dokumentation bis hin zur Schulung der Anwender*innen alles abdecken würde.
ITSM-Partner mit Expertise gefunden
Nach einer Marktrecherche und Ausschreibung entschied sich die gematik für Materna als Partner für die Umsetzung einer zentralen ITSM-Lösung. Materna hat das Projekt gemeinsam mit einem weiteren Partner umgesetzt. In dem im September 2017 begonnenen Projekt galt es, alle vorhandenen Systeme im Detail zu erfassen, Prozesse und Abläufe zu analysieren, eine neue ITSM-Software zu implementieren sowie alle relevanten IT-Service-Abläufe in der Plattform abzubilden. Während der Implementierung gab Materna auch immer wieder wertvolle Hinweise für die Optimierung bestehender Service-Prozesse. Im gesamten Projekt wurde zudem stets das hohe Niveau für die IT-Sicherheit beachtet. So ist schließlich das zentrale ITSM-System (ZIS) für die TI entstanden. Zum Einsatz kommt dabei die Lösung HP Service Manager von Micro Focus.
Enge Abstimmung mit dem Auftraggeber
Gemeinsame Workshops mit Materna und der gematik sorgten dafür, die Vorgehensweise bei der Implementierung der IT-Services mit allen Beteiligten zu koordinieren. Der enge Austausch war auch wichtig, damit die ITSM-Expert*innen von Materna ihre Detailkenntnisse über die Infrastruktur ständig verifizieren konnten. Durch die intensive Zusammenarbeit sowie die Entwicklung kleinerer Verwaltungswerkzeuge innerhalb des ITSM-Tools ist bei der gematik eine breite Vertrauensbasis und Akzeptanz für die Nutzung der ITSM-Lösung entstanden. Eine zentrale Funktion innerhalb des ITSM übernimmt die Komponente „Service Manager“, über die ein Service Desk innerhalb der IT-Organisation bereitgestellt wird.
Neue Strukturen für eine einfachere Verwaltung
Besondere Bedeutung kam der Implementierung des Configuration Managements im Service Manager zu. Es galt, die Wechselbeziehungen der TI-Objekte wie Produkttypen und Produktinstanzen zu den TI-Teilnehmern und ihren betrieblichen Rollen sichtbarer zu machen, um sie einfacher verwalten zu können. So kann nun ein TI-Teilnehmer, der von einer betrieblichen Störung betroffen ist, den mutmaßlichen Verursacher der Störung ermitteln und diesem beispielsweise einen Incident zuweisen, der anschließend von IT-Expert*innen bearbeitet wird.
Mandantentrennung für Sicherheit und Datenschutz
Um Drittanbieter voneinander abzuschirmen, etwa um Geschäftsgeheimnisse zu wahren und Datenschutz zu gewährleisten, implementierten die ITSM-Experten von Materna eine Mandantentrennung. Diese sorgt unter anderem dafür, dass nur die an einer Störung unmittelbar beteiligten TI-Teilnehmer Zugriff auf den jeweiligen Incident haben. Die Bearbeitbarkeit des Störfalls hängt wiederum von der aktuellen Zuweisung ab. Die Zuständigkeit kann dabei im Verlauf der Vorgangsbearbeitung mehrfach zwischen verschiedenen Mandanten wechseln – ein komplexer Prozess, der sich durch den Aufbau des IT-Betriebs der TI ergibt.
Transparenz durch Dokumentation und Lehrvideos
Neben der Implementierung und Beratung übernehmen die ITSM-Expert*innen von Materna auch die Schulung der Nutzer*innen. Dafür erstellten die Experten Handbücher für die Teilnehmer*innen der Telematik-Infrastruktur ebenso wie Handbücher für die gematik für ihre Rolle als Koordinationsinstanz. Spezielle Dokumentationen für Administrator*innen und XML-Schnittstellenspezifikationen sollen TI-Teilnehmer*innen unterstützen, die ihr eigenes System an den Service Manager anbinden und beispielsweise Incidents über eine Webservice-Schnittstelle generieren wollen. Prozessdiagramme, Grafiken und Schulungsvideos runden das Angebot ab und bieten visuelle Hilfen zum Verständnis der Infrastruktur und des ITSM insgesamt.
Immer weiter optimieren
Auch nach dem GoLive unterstützt Materna die gematik weiter, etwa mit einem erweiterten Support für Anwender*innen. Sukzessive wird eine Feature-Liste mit Anforderungen abgearbeitet, die bereits während der Entwicklung als Verbesserungspotenzial identifiziert wurden, jedoch nicht durch die Beauftragung abgedeckt waren. Hierdurch wird eine kontinuierliche Erhöhung des Reifegrades der IT-Service-Abläufe erreicht und die gesamte Service-Organisation kann ihre Leistungserbringung weiter verbessern.
So begleitet Materna einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der der gematik bei der laufenden Optimierung der ITSM-Prozesse hilft. Denn: es zeigen sich häufig erst im Praxisbetrieb Unschärfen, die es zu beseitigen gilt. Auch laufende gesetzliche Vorgaben müssen zeitnah in der IT umgesetzt werden. Mithilfe der ITSM-Expert*innen von Materna ist die gematik für die Zukunft gut gerüstet.
Fazit
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist eine große und wichtige Aufgabe. Ein digitalisierter Gesundheitssektor nutzt allen – Patient*innen haben schnellen und leichten Zugriff auf Angebote und Dienste, Ärzt*innen und Praxen können Daten unkompliziert und sicher miteinander austauschen, und Versicherer vereinfachen Prozesse wie Abrechnungen, was wiederum Wartezeiten verkürzt und Kosten einspart.
In einem so komplexen System ist eine zuverlässige IT unverzichtbar. Materna konnte mit seiner ITSM-Expertise hier einen wichtigen Beitrag leisten: Von der Beratung über Analyse bis zur Implementierung, Entwicklung und Schulung der Anwender*innen. Als ganzheitlicher Partner sorgt Materna für einen reibungslosen Ablauf im Projekt – und unterstützt die gematik damit bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens.